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HINTERGRUND

Der enorme Erkenntnisfortschritt auf dem Gebiet der Humangenetik und die rasanten methodischen Entwicklungen in der humangenetischen Diagnostik führen zu einem wachsenden Bedarf an qualifizierten Personen, die FachärztInnen für Humangenetik in den genetischen Ambulanzen bzw. bei der gesetzlich vorgeschriebenen genetischen Beratung unterstützen. Aufgrund der komplexen Zusammen­hänge und Anforderungen ist für solche spezialisierten nicht-ärztlichen Assistenzleistungen eine umfassende akademische Ausbildung notwendig. Das entsprechende Berufsbild des ‚Genetic Counsellors‘ ist in vielen Ländern erfolgreich etabliert. Auch in großen Teilen Europas werden ‚Genetic Counsellors‘ z.T. bereits seit Jahrzehnten in enger Zusammenarbeit mit FachärztInnen für Humangenetik eingesetzt. Mit dem Masterstudium „Genetisches und Genomisches Counselling“ an der Medizinischen Universität Innsbruck wird dieses Berufsbild auch im deutschen Sprachraum etabliert.

Die Anforderungen des Berufsbilds „Genetic Counsellor“ sind in Europa in einem international anerkannten Curriculum des European Board of Medical Genetics (EBMG) auf MSc-Ebene festgelegt. Unser Lehrgang wurde für Absolvent:innen von 2021 bis 2026 vom EBMG der Europäischen Gesellschaft für Humangenetik (ESHG) akkreditiert. Absolvent:innen mit erfolgreichem Masterabschluss und zweijähriger Berufserfahrung als ‚Genetic Counsellor Trainee‘ werden als ‚European certified Genetic Counsellor‘ bei der ESHG registriert; dies sichert die europa­weite professionelle Anerkennung und somit die Möglichkeit, auch international tätig zu sein. Umgekehrt sollte diese Qualifikation ermöglichen, dass europäisch ausgebildete Personen auch im deutschsprachigen Raum tätig werden können.

I) Berufsgesetze

Die Situation der Gesundheitsberufe in Österreich und Deutschland ist grundsätzlich vergleichbar. Für die Ausübung einiger staatlich anerkannter Gesundheitsberufe gibt es gesetzliche oder untergesetz­liche Regelungen, welche u.a. die Delegierbarkeit und Substitution ärztlicher Tätigkeiten in interdisziplinär arbeitenden Teams klar beschreiben. Die Gesundheitsberufe im Bereich der Humangenetik (Fachhumangenetiker:innen, Genetische Fachberater:innen/Genetic Counsellor) sind nicht normativ geregelt. Von der den deutschsprächigen Fachgesellschaften für Humangenetik (GfH, ÖGH und SGMG) und dem Berufsverband Deutscher Humangenetiker (BVDH) wird die Anerkennung der Gesundheitsberufe Fachhumangenetiker:innen und Genetische Fachberater:innen/Genetic Counsellor tatkräftig unterstützt. Dazu wurde im Juni 2024 eine GfH Kommission für Genetische Fachberater:innen gegründet, die sich speziell der Etablierung und Einbindung von Genetischen Fachberater:innen in das multiprofessionelle Team von humangenetischen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum widmet.

II) Ausbildung

Eine internationale Vergleichbarkeit des Genetic Counsellors wird durch Anwendung des „European Credit Transfer System (ECTS)“ gewährleistet. Die Ausbildung umfasst 120 ECTS in fünf Semestern und wird als berufsbegleitendes praxisnahes Studium organisiert. Die Studierenden werden theoretisch und praktisch zur Wahrnehmung von Aufgaben in der Unterstützung der medizinisch-genetischen Dokumentation, Aufklärung, Informationsweitergabe und Beratung im individuellen Kontext unter Aufsicht einer/s Facharztes/Fachärztin für Humangenetik ausgebildet. Sie lernen die klinische Anwendung der Humangenetik und Genomik kennen und können deren wissenschaftliche und klinische Grundlagen kritisch bewerten. Die Vermittlung von wissenschaftlich und klinisch fundiertem, d.h. evidenzbasiertem Wissen im Bereich der Genetik, Genomik und Gendiagnostik wird mit kommunikativen Kompetenzen kombiniert. Der erfolgreiche Abschluss des Masterlehrganges befähigt Absolvent:innen, in medizinisch-genetischen Einrichtungen unter ärztlicher Leitung Aufgaben bei der Erfassung von erblichen Krankheiten sowie in der Kommunikation von genetischen Informationen zu übernehmen.

III) Kompetenzerweiterung / neue Aufgaben und Übertragung einer höheren Verantwortung

Der Arztvorbehalt der genetischen Beratung wird nicht beeinträchtigt, wenn Teilaspekte der klinisch-genetischen Aufgaben wie Einholen von ärztlichen Unterlagen, vorbereitende Erhebung der Eigen- und Familienanamnese, standardisierte Erläuterung diagnostischer Abläufe, Berechnung von Risiken mithilfe von Internet-basierten Risikokalkulationsprogrammen, Unterstützung bei psychosozialen Fragen etc. an Genetic Counsellors delegiert werden, um die Effizienz genetischer Sprechstunden zu erhöhen und so dem u.a. durch das Gendiagnostikgesetz gewachsenen Bedarf an genetischen Beratungen gerecht zu werden.

Hervorzuheben ist dabei, dass die Tätigkeit von Genetic Counsellors zwingend notwendig unter fachärztlich humangenetischer Verantwortung und Supervision erfolgt. Aufgrund der hohen medizinischen Komplexität und der oft erheblichen individuellen Konsequenzen muss der Richtigkeit der Leistungen von Genetic Counsellors in jedem Einzelfall fach­ärztlich humangenetisch überprüft und sichergestellt werden. Die klinische Verantwortlich­keit verbleibt uneingeschränkt beim/bei der Facharzt/Fachärztin für Humangenetik. Es wird also keine selbständige Tätigkeit der Genetic Counsellors angestrebt, die Tätigkeit erfolgt nur im interdisziplinären Kontext einer fachärztlich humangenetisch geleiteten Einrichtung.

Die Schaffung des Berufsbildes des Genetic Counsellors schließt eine noch existente Lücke bei den medizinischen Assistenzberufen, da Fachärzte/Fachärztinnen für Humangenetik zwar im humangenetischen Labor durch dafür qualifizierte Naturwissenschaftler:innen (Fachhumangenetiker:innen) unterstützt werden, es für die genetische Beratung bisher jedoch keinen Assistenzberuf mit adäquater Qualifikation gibt.

IV) Akademisierung

Der Beruf des Genetic Counsellors erfordert umfassende genetische Kenntnisse sowie tiefgreifende Fertigkeiten der patientenzentrierten Kommunikation. Derartig spezialisiertes Wissen kann – nach vorausgegangenen Erwerb eines Bachelor-Abschlusses in einem relevanten Fach (z. B. Biologie, Genetik, Psychologie oder Gesundheitsfach­beruf) nur im Rahmen einer akademischen Hochschulausbildung auf MSc-Niveau erworben werden. Die Ausbildung unter­scheidet sich insofern von Physician Assistents bzw. Arztassistent:innen, für die meist eine BSc-Qualifikation ausreicht, welche mit dem europäischen Registrierungsprozess für Genetic Counsellor durch das European Board of Medical Genetics inkompatibel ist.

Studienplan Genetisches und Genomisches Counselling

Publikationen zur Profession:
Medizinische Genetik 2021
Genetics in Medicine Open 2024
Publikation zum klinischen Praktikum:
Genetics in Medicine Open 2024

EBMG Akkreditierung

Genetisches und Genomisches Counselling

Medizinische Universität Innsbruck

Institut für Humangenetik

Peter-Mayr-Straße 1
6020 Innsbruck
Österreich

gunda.schwaninger@i-med.ac.at

+43 512 9003 70501

 

Medizinische Universität Innsbruck

Institut für Humangenetik

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